Der überwiegende Anteil der in Deutschland lebenden Männer über 50 Jahre entwickelt eine gutartige Vergrößerung der Prostata („Benignes Prostatasyndrom“, kurz BPS). Damit gehört das BPS zu den häufigsten urologischen Erkrankungen des Mannes. Diese Veränderung der Vorsteherdrüse – so der deutschsprachige Begriff für Prostata – ist an sich nicht bedenklich, da das Wachstum der Drüse ein lebenslanger natürlicher Prozess ist. Allerdings können die damit einhergehenden Begleiterscheinungen lästig sein und die Lebensqualität entscheidend beeinflussen. Dass dieses Thema auf sehr großes Interesse stößt, zeigte eine Veranstaltung am 3. März im Rahmen der Reihe “Im Zentrum: Gesundheit“. Das Casino der GRN-Klinik Sinsheim war mit knapp 200 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt, als Dr. med. Jan Voegele, Chefarzt der Urologie an der GRN-Klinik Eberbach, über das Thema „Was tun, wenn die Prostata wächst?“ sprach. Er informierte unter anderem über die unterschiedlichen diagnostischen Verfahren und Therapiemöglichkeiten.
Wo befindet sich die Prostata und welche Funktion hat sie?
Zu Beginn seines Vortrags erklärte Dr. Voegele zunächst, dass die Prostata aus Drüsen-, Muskel- und Fettzellen besteht und am Blasenausgang zwischen Enddarm und Blase liegt. Die Harnröhre wird von der Prostata umschlossen. „Sie müssen sich das Organ vorstellen wie eine Mandarine“, erklärte der Facharzt für Urologie anschaulich, „das Fruchtfleisch ist wie das Gewebe, aus dem die Prostata besteht, und in der Mitte, wo sich die weißen Fäden der Frucht sammeln, liegt die Harnröhre. Außen herum ist die Kapsel der Prostata – in Analogie zur Schale der Mandarine.“ Die Prostata produziert ein Sekret, das für die Beweglichkeit der Spermien sorgt und daher für die Fortpflanzung unabdingbar ist. Nach Beendigung der reproduktiven Phase – wenn der Mann keine Kinder mehr zeugt – hat sie eigentlich keine Funktion mehr. „Anatomisch gesehen ist die Prostata dann ein höchst überflüssiges Organ“, bemerkte Dr. Voegele.
Symptome und Komplikationen
Durch die gutartige Vergrößerung der Prostata, die unbedingt von einer bösartigen Erkrankung abzugrenzen ist, wird die in ihrer Mitte liegende Harnröhre eingeengt. Das hat Einfluss auf die Entleerung der Harnblase. Es kommt beispielsweise zu einem abgeschwächten Harnstrahl, einem stärkeren Harndrang, „Nachträufeln“ oder „Harnstottern“. Auch beginnt die Entleerung verzögert, nächtliches Wasserlassen nimmt zu und es bleibt häufig ein Restharngefühl, bei dem sich die Blase nicht richtig entleert anfühlt. Als Folge der Abflussbehinderungen der Harnblase vergrößert sich die Blasenmuskulatur, die Wand der Harnblase wird dicker und dadurch weniger elastisch. „Sie kann sich dann nicht mehr so gut zusammenziehen, wodurch der Urin nicht mehr komplett ausgeschieden wird. Die Folge ist Restharn, der wiederum einen Nährboden für Bakterien darstellt, die dann Infektionen hervorrufen können“, erklärte der Urologe. Diese Infektionen und Entzündungen gehören ebenso zu den Komplikationen des benignen Prostatasyndroms wie Blasensteine, Blutungen oder Nierenschädigungen. „Einen absoluten medizinischen Notfall stellt die akute Harnverhaltung dar“, so Dr. Voegele. Hierbei ist die Harnblase trotz starker Füllung nicht entleerbar, es kommt zu starken, krampfartigen Schmerzen. Mittels einer sofortigen Entlastung muss die Blase dann so schnell wie möglich mit Hilfe eines Katheters (fraktioniert) entleert werden.
Diagnostik und Therapie
Zu den diagnostischen Verfahren gehören Sonographie, transrektaler Ultraschall, Urin- und Blutuntersuchung sowie die digitale rektale Untersuchung (DRU) der Prostata. Der Chefarzt: „Durch die direkte Nähe der Prostata zum Enddarm gilt das Abtasten der Prostata immer noch als das Mittel der Wahl, um eine Vergrößerung oder auch bösartig verändertes Gewebe, das sich dann eher derb und knochig anfühlt, festzustellen.“ Bei den Behandlungsmethoden werden sowohl medikamentöse Therapien als auch operative Verfahren eingesetzt. Ziel eines jeden operativen Eingriffs ist es immer, das gestörte Abflussverhältnis aus der Blase – die Obstruktion – zu beheben, was durch eine Gewebeabtragung, beziehungsweise Gewebeentfernung geschieht. Der Goldstandard ist hier, so Dr. Voegele, weiterhin die Transurethrale Elektrosektion der Prostata (TUR-P), bei der das erkrankte Gewebe endoskopisch, ohne einen äußeren Schnitt, durch die Harnröhre abgetragen werden kann. Ein operativer Eingriff schützt allerdings auch zukünftig nicht vor Krebserkrankungen. Der Referent betonte, dass auch dann immer noch eine regelmäßige Kontrolle und Krebsvorsorge notwendig sind.
PSA-Test als Teil der Krebsvorsorge
Zum Abschluss seines Vortrags ging der Chefarzt der Urologie noch auf den viel diskutierten PSA-Wert ein. PSA ist das Prostata-spezifische Antigen, ein Eiweiß, das ausschließlich von Prostatazellen gebildet wird und sich im Blut messen lässt. Dr. Voegele: „Die Bestimmung des PSA-Wertes gehört zu einer medizinisch seriösen Vorsorge, wird aber leider nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.“ Weiter führte er aus: „Eine Erhöhung des Wertes ist noch nicht gleichbedeutend mit einer Krebserkrankung, bedarf aber einer weiteren Abklärung. Deswegen sollte der PSA-Test auch unbedingt von einem Facharzt für Urologie bestimmt und von diesem dann auch entsprechend interpretiert werden.“
Bildunterschrift: Dr. med. Jan Voegele (Foto: GRN).