Die Senkung des Beckenbodens und Harninkontinenz sind noch immer Tabuthemen, obwohl in Deutschland allein von Harninkontinenz sechs Millionen Menschen betroffen sind, in der Mehrheit Frauen. Was sind die Ursachen und welche Therapiemöglichkeiten stehen zur Verfügung? Im Rahmen der Welt-Kontinenz-Woche, die vom 21.-27. Juni 2021 stattfindet, beantwortete Dr. Annette Maleika, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe in der GRN-Klinik Schwetzingen, in einem Onlinevortrag die Fragen von Betroffenen.
Die häufigsten Formen der Harninkontinenz sind Drang- und Belastungsinkontinenz. Erstere ist durch ständigen Harndrang gekennzeichnet und kann eine Folge von chronischen Blasenentzündungen, aber auch durch Senkung oder Östrogenmangel nach den Wechseljahren ausgelöst werden. Die Belastungsinkontinenz ist bei Frauen noch häufiger und macht sich bei körperlicher Belastung wie etwa Husten, Niesen oder Laufen bemerkbar. Der Beckenboden ist überdehnt und die Verschlussfunktion der Blase abgeschwächt. Ursachen können eine Bindegewebsschwäche und Übergewicht sein sowie mehrere Geburten oder Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus und Rauchen.
Doch Betroffene müssen sich nicht einfach mit der Situation abfinden. „Ich kann jeder Frau nur empfehlen, sich bei den ersten Beschwerden an ihren Frauenarzt zu wenden. Das Problem lässt sich dann – auch ohne Operation – noch gut in den Griff bekommen“, erklärt Dr. Maleika in ihrem Vortrag. Denn es gibt der gynäkologischen Chefärztin zufolge sehr erfolgreiche Therapiemethoden: „Abhängig von der Art und den Ursachen der Harninkontinenz stehen unterschiedliche Therapien zur Verfügung. Hierzu gehören Medikamente, auch pflanzliche Mittel, sowie Östrogene.“ Zur Therapie der Dranginkontinenz sei auch Botox zugelassen.
Eine effektive Therapie, besonders bei der Belastungsinkontinenz, stellt nach wie vor das Beckenbodentraining dar, das zusätzlich durch Biofeedback-Geräte, Elektrostimulation oder Training auf einer vibrierenden Platte unterstützt werden kann. Auch Verhaltenstraining, bei dem Trink- und Ernährungsgewohnheiten geändert werden, oder eine Hormontherapie und Hilfsmittel wie Inkontinenztampons können hilfreich sein. Sollten diese Maßnahmen nicht greifen, rät Dr. Maleika zur Operation: „Mit einem um die Harnröhre gelegten Bändchen können wir die defekten, natürlichen Bandstrukturen ersetzen. Wichtig ist hierbei aber eine äußerst genaue Abklärung der Ursachen, da oft nicht nur die Harnröhre gelockert ist, sondern der gesamte Beckenboden nachgibt, der dann stabilisiert werden muss.“
Was kann vorbeugend getan werden? Das Körpergewicht halten und den Beckenboden schon nach Geburten trainieren. Sportarten wie Tennis oder Squash sind ungünstig, Tanzen, Walken oder Pilates wirken sich dagegen positiv aus.
Die GRN-Klinik Schwetzingen ist seit 2013 von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft als Beratungsstelle zertifiziert, Dr. Maleika nach der Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie und platische Beckenbodenrekonstruktion (AGUB e.V.) qualifiziert. Betroffene können sich mit Überweisung an die Spezialsprechstunde für Inkontinenz- und Senkungsbeschwerden der GRN-Klinik Schwetzingen wenden (Tel.: 06202 84 3340). Informationen hierzu befinden sich auf der Internetseite der Klinik unter www.grn.de/schwetzingen/klinik/gynaekologie-und-geburtshilfe/gynaekologie