Jeder Mensch kann unfall- oder krankheitsbedingt plötzlich in die Lage geraten, selbst keine Entscheidungen mehr treffen zu können. Um für solche Fälle vorzusorgen und festzulegen, welche ärztlichen Behandlungen durchgeführt werden sollen und wer statt seiner selbst die eigenen Rechte vertritt, sind Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen sinnvoll.
„Jeden kann es jederzeit treffen, egal in welchem Alter. Dafür muss man nicht erst 80 werden“, so die einleitenden Worte von Stefanie Kurz vom Katholischen Verein für Soziale Dienste (SKM) in Heidelberg. Deshalb sei eine Patientenverfügung ein so wichtiges Thema: „Rund ein Viertel der Bevölkerung hat eine, 75 Prozent eher nicht. Gründe dafür gibt es viele“, so die Betreuerin weiter. „Die einen sagen, sie seien zu jung, die anderen meinen, sie bräuchten mehr Informationen und die Dritten nennen mangelnde Zeit als Grund und verdrängen das Thema ein bisschen.“ Dabei kann eine rechtzeitige Vorsorge im Ernstfall vor viel Bürokratie und vor allem Ratlosigkeit schützen.
Stefanie Kurz berichtete in ihrem Vortrag in der GRN-Klinik Weinheim, welche Möglichkeiten der Vorsorge es gibt und an was jeder denken sollte, um für den Ernstfall gut vorgesorgt zu haben. Der SKM ist eine vom Deutschen Caritasverband anerkannte soziale Hilfsorganisation und laut Stefanie Kurz wichtiger Ansprechpartner auch bei den Themen Betreuung und Vorsorge.
Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung wird festgelegt, welche medizinischen oder pflegerischen Maßnahmen vorgenommen oder abgelehnt werden dürfen, wenn der Betroffene dazu nicht mehr in der Lage ist und dies mit seiner Unterschrift nicht mehr direkt kundtun kann. Zu den Maßnahmen können u. a. Infusionen, Reanimation, Beatmung, Dialyse, PEG (Magensonde), Organspende etc. gehören.
Eine Patientenverfügung ist für die Ärzte rechtlich bindend – jedoch nur das Original. Was in der Patientenverfügung steht, muss umgesetzt werden. „Allerdings ist die Patientenverfügung Interpretationssache“, betonte die SKM-Betreuerin. „Deshalb sollte die Patientenverfügung so genau und ausführlich wie möglich ausgestellt werden. Sind sich Ärzte und Angehörige im Ernstfall jedoch nicht einig, wird das Ethikkomitee hinzugerufen oder das Betreuungsgericht eingeschaltet, um das Ganze zu regeln. Denn der mutmaßliche Wille ist ein ganz hohes Gut.“
Empfehlenswert ist die regelmäßige Durchsicht und Aktualisierung der Patientenverfügung. Die Patientenverfügung tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn sich die Person in einer Situation befindet, die unmittelbar zum Tod führt, also sich im Sterbeprozess befindet oder unheilbar krank ist.
Ist keine Patientenverfügung vorhanden, kommt es zunächst zur Notfallversorgung im Krankenhaus. Wenn dann Entscheidungen getroffen werden müssen, muss im Eilverfahren ein rechtlicher Betreuer ernannt werden, um im Sinne des Patienten zu entscheiden.
Rechtliche Betreuung
„Ein Mensch, der eine Krankheit oder eine Behinderung hat, die körperlich, geistig oder psychisch ist“, so Stefanie Kurz, „habe Recht auf eine rechtliche Betreuung. Das aber nur dann, „wenn er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann“. Eine rechtliche Betreuung bedeute ausdrücklich keine Entmündigung. Ein rechtlich betreuter Mensch sei immer noch geschäftsfähig und dürfe weiterhin selbst Entscheidungen treffen. „Der rechtliche Betreuer ist in der Regel ein Angehöriger. Er darf Angelegenheiten regeln, die vorher festgelegt wurden und das nur entsprechend den Wünschen des Betreuten. Einmal im Jahr muss er einen Bericht an das Betreuungsgericht schreiben“ sagt Kurz, die allerdings zu bedenken gibt, dass eine rechtliche Betreuung eine sehr bürokratische und langwierige Angelegenheit sei.
Vorsorgevollmacht
„Gibt es eine elegantere Lösung?“ fragt die Vortragende in die Runde und gibt selbst die Antwort für eine Alternative zur rechtlichen Betreuung: „Ja, aber nur in Form einer Vorsorgevollmacht an eine oder mehrere Vertrauenspersonen.“ Ihr Traum wäre es, so die SKM-Betreuerin weiter, „dass sich schon Schüler im Schulhof kurz vor ihrer Volljährigkeit darüber unterhalten.“ Denn wer eine Vorsorgevollmacht ausgestellt hat, der habe so gut vorgesorgt, dass er keinen rechtlichen Betreuer bekommt, da man mit der Vollmacht alles regeln kann.“ Allerdings nur, wenn die Vorsorgevollmacht in Schriftform, wünschenswert beglaubigt und im Original vorliegt.“
Bankvollmacht
Zusätzlich zur Vorsorgevollmacht sei eine Bankvollmacht für den Bevollmächtigten sinnvoll, denn das erleichtere vieles. „Ihrem Bevollmächtigten sollten Sie aber zu 1000 Prozent vertrauen, denn eine Bankvollmacht gilt ab sofort“, betont Stefanie Kurz ausdrücklich.
Betreuungsverfügung
Ist keine Vertrauensperson vorhanden, die man bevollmächtigen kann oder möchte, so besteht die Möglichkeit, in gesunden Tagen eine so genannte Betreuungsverfügung zu verfassen. Darin enthalten sein können beispielsweise die Auswahl des Betreuers, die medizinische Versorgung, Vorgaben der Vermögensverwaltung oder die Art der Heimunterbringung. „Denn vielleicht möchte man später im Heim lieber Café statt Kamillen-Tee trinken oder aber auf gar keinen Fall Schlager hören“, gibt Kurz zu bedenken.
Je ausführlicher die Betreuungsverfügung desto besser: „Denn“, so Kurz weiter, „auf diese Weise geben Sie die Regieanweisung, wie ein Regisseur, der vorab festlegt, wo es langgeht, wenn Sie es nicht mehr können“. Die Betreuungsverfügung werde allerdings erst wirksam, wenn das Betreuungsgericht den Betreuer durch richterlichen Beschluss einsetzt und sollte am besten beim Hausarzt oder bei der Bundesnotarkammer registriert werden.
Am Ende fasste Kurz zusammen: „In der Patientenverfügung wird festgelegt, welche Maßnahmen vorgenommen werden dürfen, wenn man seinen Willen nicht mehr äußern kann. Die Vorsorgevollmacht oder die Betreuungsverfügung klärt, wer die Entscheidungen trifft. Damit ergänzen sich diese beiden, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung und Betreuungsverfügung wie Puzzleteile.“
Ganze Vorsorgemappen mit Vorlagen zur Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung gibt es beispielsweise beim Ärzteverein regiomed Weinheim sowie bei vielen Krankenkassen. Darin enthalten ist auch ein Leitfaden, der Hilfestellung beim Ausfüllen gibt. Der Ärzteverein regiomed Weinheim bietet zudem persönliche Beratungen zum Thema Vorsorge an. Die Kosten dafür werden allerdings nicht von der Krankenkasse übernommen und müssen selbst getragen werden.
Weitere Informationen zu den Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht finden Interessierte in einer vom Bundesjustizministerium herausgegebenen Broschüre „Patientenverfügung“ www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.html sowie zum Beispiel auf der Seite des BGM: www.bundesgesundheitsministerium.de/patientenverfuegung.html