Plötzlicher Herztod ist vermeidbar

Kardio-Check hilft unentdeckte Herzkrankheiten zu erkennen / Bitter: Selbst Spitzensportler wie Olympioniken werden nicht flächendeckend untersucht


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Die Liste derer ist lang, die als Hobby- oder Spitzensportler mit plötzlichem Herzversagen verstorben sind. Bei denen, die überlebt haben, ließ sich hinterher die Ursache erforschen. Der dänische Fußball-Nationalspieler Christian Eriksen zum Beispiel, der 2021 bei der Fußball-Europameisterschaft einen Herzstillstand erlitt, wiederbelebt werden konnte und bei der jüngsten Fußball-EM 2024 in Deutschland wieder zur Höchstform auflief: Eine Herzmuskelverdickung soll Ursache für den plötzlichen Herzstillstand gewesen sein.

„Auch wenn es immer heißt: ‚Sport ist gesund‘ – Sportler haben ein ebenso hohes Risiko für den plötzlichen Herztod wie Nicht-Sportler, Leistungssportler sogar ein 2,5-fach höheres“, räumt Dr. Daniel Herzenstiel, Sportkardiologe und Leitender Arzt für Kardiologie und Angiologie in der GRN-Klinik Eberbach, mit dem Irrtum auf, Sportler seien unsterblich.

 

Ursachen für den plötzlichen Herztod

Laut Deutscher Herzstiftung gibt es auf 100.000 Sporttreibende pro Jahr statistisch gerechnet zwischen 0,7 und 3,0 Todesfälle. Der Großteil davon sind Männer. Die Auslöser sind unterschiedlich. Bei unter 35-Jährigen sind Erkrankungen des Herzmuskels, der Herzklappen, der Hauptschlagader und der Herzkranzgefäße häufige Ursachen für den plötzlichen Herztod. Im Ruhezustand machen diese Krankheiten oft keine Beschwerden. Bei Belastung wird der Herzmuskel nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt – Folge können Herzrhythmusstörungen sein, schlimmstenfalls mit Todesfolge.

Bei über 35-Jähigen ist es zu 75 Prozent die koronare Herzkrankheit. Dabei sind Herzkranzgefäße verkalkt, was zu Ablagerungen und Engstellen führen und den Blutfluss zum Herzen beeinträchtigen kann. Reißen diese Ablagerungen ein, entstehen Blutgerinnsel, das Blutgefäß wird verschlossen, es kommt zum Herzinfarkt.

„Für Sportler ist es genauso wichtig wie für Nicht-Sportler, sich kardiologisch untersuchen zu lassen – vielleicht sogar noch mehr“, sagt Dr. Herzenstiel. Das wird aber nicht mal bei Profi-Sportlern, die an Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften teilnehmen, flächendeckend gemacht, bedauert der Kardiologe.

Eine vollumfängliche Sportkardiologische Abklärung wurde von 2004-2014 bei 3400 Olympiateilnehmern in einer bahnbrechenden Studie aus Italien durchgeführt: bei 4 Prozent der Untersuchten fand man eine behandlungsbedürftige kardiovaskuläre Erkrankung.

Um das Risiko für einen plötzlichen Herztod zu verringern, empfiehlt das Olympische Komitee seit 2004, dass bei Spitzensportlern systematisch eine Anamnese per Fragebogen zum Risiko für Herzerkrankungen sowie ein EKG als Minimalprogramm durchgeführt wird. Umgesetzt wurde das zum Beispiel im Jahr 2018 aber nur bei 70 Prozent der Olympioniken.

Bitter findet Dr. Herzenstiel dabei: „Eine spiroergometrische Leistungsdiagnostik erfolgt teils jährlich, um die Medaillenchancen abzuschätzen. Geht es jedoch um die Herzgesundheit der Athleten, müssen diese selbst in die Tasche greifen. „Leider werden kardiologische Untersuchungen zur Vorsorge nicht systematisch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, obwohl das vielfach empfohlen und die Notwendigkeit durch Studien belegt wird“, bedauert der Kardiologe und sagt: „Jeder Profi-Sportler sollte am besten noch vor dem 18. Lebensjahr eine sportkardiologische Untersuchung machen lassen.“

Wer in den Genuss einer sportkardiologischen Untersuchung kommen möchte, geht zunächst zum Gesundheits-Check-up zum Hausarzt und bittet zusätzlich um die Anfertigung eines EKG. Ist das EKG dort „auffällig“, wird man an einen Kardiologen verwiesen; bei „auffälligem“ Echo oder Belastungs-EKG, insbesondere von Sportlern, werden anschließend Sport-Kardiologen wie Dr. Herzenstiel zur Zweitmeinung hinzugezogen. In beiden Fällen greift die Krankenkasse – aber eben bei gesetzlichen Patienten nur „auf Überweisung“.

 

Weil die Krankenkasse nicht für „unauffällige, vermeintliche Gesunde“ die sportkardiologische Untersuchung zahlt: Check aus eigener Tasche

Möchte sich jemand einfach zur Vorsorge – ohne vorherige Auffälligkeiten im EKG – einem sportkardiologischen Check unterziehen, muss der eigene Geldbeutel herhalten. Der Sportler oder die Sportlerin erhalten ein EKG, ein Stress-Echo und einen Herz-Ultraschall. Dabei liegen sie in Rückenlage auf einem Rad-Ergometer und strampeln bis zur Belastungsgrenze. Das alles zusammen gibt Aufschluss über die Elektrik, das Blutdruckverhalten, die Pumpkraft, Druckverhältnisse, die Klappen und die Wanddicke des Herzens.

 

Wer sollte sich sportkardiologisch untersuchen lassen?

Dr. Herzenstiel empfiehlt drei Personengruppen den sportkardiologischen Check: 1. Menschen über 35 Jahre, die nicht über Jahre permanent Sport gemacht haben. 2. Jemand, der früher im Leistungsbereich trainiert, das Training dann gedrosselt hat, und die Intensität jetzt wieder steigert. 3. Einsteiger

 

Sport ist gesund - oder doch nicht?

Die größte Sorge dabei für jeden, der mit Leidenschaft Sport treibt: Was passiert, wenn eine Herzerkrankung festgestellt wird? Darf derjenige dann keinen Sport mehr treiben? „Früher wurde das so angeordnet, ja. Menschen mit Herzschwäche sollten sich schonen“, sagt Dr. Herzenstiel und räumt zugleich ein, dass das aus heutiger Sicht völlig falsch war: „Heute wissen wir, dass Sport lebensverlängernd ist“ – zumindest, wenn ein paar Regeln eingehalten werden, er bei Herzerkrankungen im moderaten Bereich stattfindet, der Betroffene medikamentös eingestellt ist und die bei Beschwerdefreiheit jährlichen kardiologischen Kontrollen eingehalten werden. „Auch mit einer Herzerkrankung sind Spitzenleistungen möglich, dann aber mit einer engmaschigeren kardiologischen Betreuung“, so Dr. Herzenstiel.

Kurz: Sportkardiologische Untersuchungen erfolgen beim Gesunden einmalig, bei festgestellter Herzerkrankung und Beschwerdefreiheit jährlich, sonst häufiger, und der Sportkardiologe spricht Empfehlungen aus, die in Abstimmung mit dem Betroffenen auch in eine sogenannte Shared Decision münden können. Als Beispiel nennt Dr. Herzenstiel Gerald Asamoah. Der frühere Fußball-Bundesligaspieler hatte sich gegen die Implantation eines Defibrillators entschieden, mit dem er damals nicht mehr hätte Profi-Fußball spielen dürfen. Stattdessen war bei Spielen immer ein Defibrillator am Feldrand – mit dem er im Notfall hätte wiederbelebt werden können.

 

Wie bekomme ich einen Termin in der Sportkardiologie Eberbach?

Für Selbstzahler ist eine Terminvereinbarung über den Empfang der Kardiologie in Eberbach möglich. Wer als Vorsorge-Leistung einen Check wünscht, muss allerdings rund zwei Monate Wartezeit in Kauf nehmen. „Anders ist das natürlich bei ernstzunehmenden Symptomen wie Enge in der Brust, Atemproblemen oder plötzlichem Leistungsabfall“, sagt Dr. Herzenstiel. Notfälle haben Vorrang. „Dann ist auch kurzfristig ein Termin möglich – und im Zweifel können Patienten immer die Notaufnahme aufsuchen. Bei Herzerkrankungen zählt jede Minute.“ Aus persönlicher Begeisterung für den Profi-Sport heraus fügt Dr. Herzenstiel halb scherzhaft hinzu: „Das gilt natürlich auch für unsere Olympioniken in Paris, die dürfen momentan Tag und Nacht bei mir anrufen!“

 

Weitere Informationen und Kontakt zur Sportkardiologie der GRN-Klinik Eberbach: https://www.grn.de/eberbach/klinik/innere-medizin/schwerpunkte/kardiologie