Das Schultergelenk ist neben den knöchernen Gelenkpartnern ein komplexes Gebilde aus Bändern, Sehnen und Gelenkkapsel. Bei Verletzungen, Zerrung oder Überlastung können diese Strukturen sogar reißen. Entzündungen, Blutergüsse, schmerzhafte Schwellungen können zu stechenden Schulterschmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Wann hilft eine konservative Behandlung, wann ist eine Operation angebracht? Dr. med. Matthias Lehnertz, Oberarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie der GRN-Klinik Weinheim, und Physiotherapeut Michael Preibsch, Inhaber des Instituts sportec – Therapie & Training in Weinheim, referierten am Dienstag, 23. September, im Rahmen der Vortragsreihe „Chirurgie und Sie!“ der GRN-Klinik Weinheim zum Thema „Behandlung von Schulterschmerzen.“
80 Interessierte waren gekommen, um sich über die verschiedenen operativen Therapiemöglichkeiten, aber auch über ambulante physiotherapeutische Behandlungen von Schultererkrankungen zu informieren. „Schulterschmerzen werden häufig durch akute Verletzungen ausgelöst. Ein Sturz oder ein Aufprall kann Sehnen und Weichteilgewebe der Schulter verletzen. Häufig ist nicht nur eine Struktur betroffen. Sehnen, Schleimbeutel, Gelenkkapsel und Muskeln rund um das Schultergelenk können überdehnen oder reißen. Auch knöcherne Verletzungen können auftreten“, fasste der erfahrene Schulterchirurg zusammen. Eine Fraktur des Oberarmkopfes oder des Schultereckgelenks könne langwierige Folgen haben und sogar bis zur verfrühten Arthrose in der Schulter führen. Eine sorgfältige Diagnosestellung und Therapie sei daher notwendig, um Schulterschmerzen zu lindern und anhaltende Bewegungseinschränkungen des Gelenks zu verhindern.
Neben Verletzungen können auch angeborene Veränderungen, Fehlbelastung und Bewegungsmangel Schulterschmerzen auslösen. Das Impingementsyndrom (Schulterenge), eine Entzündung der Gelenkkapsel oder die Kalkschulter, die durch Kalkeinlagerungen in die wichtigste Sehne der Schulter, die Supraspinatussehne, hervorgerufen wird, können auch ohne äußere Einwirkung zu hartnäckigen Schmerzen führen. Durch Fehlbelastungen bei Arbeit oder Sport kann es zu Entzündungen von Schleimbeutel (Bursitis) oder Sehnen der Schulter kommen. Wie bei jedem anderen Gelenk auch kann Knorpelverschleiß der Gelenkflächen (Arthrose) chronische Schmerzen und eine Versteifung der Schulter mit sich bringen. Für alle Ursachen von Schulterschmerzen gebe es die Möglichkeiten der konservativen Therapie mit Schmerzmittelgabe und Physiotherapie oder – als letzte Alternative – operative Verfahren. Je nach Erkrankung reicht das Spektrum von minimal-invasiven Eingriffen bis hin zu einer Prothese.
Die Symptome der Kalkschulter ließen sich in den meisten Fällen durch eine konservative Therapie erfolgreich behandeln. Die Ultraschallzerkleinerung kann die Auflösung der Kalkdepots beschleunigen. Bei einer Operation könne der Kalk entfernt werden, sollte es keine Tendenz zu einer spontanen Kalkresorption geben. Arthrose des Schulterhauptgelenkes könne man zunächst unter anderem mit Physiotherapie, Physikalischer Therapie (Wärme/Kälteanwendung) oder Gelenkinjektion mit schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten, zum Beispiel Cortison, behandeln. Hilft dies alles nichts, kann das Einsetzen einer Gelenkprothese die Beschwerden lindern und die gewohnte Beweglichkeit der Schulter wieder zurückbringen.
Ganz wichtig: Ohne Nachbehandlung durch einen erfahrenen Physiotherapeuten ist der Erfolg jeder Operation an der Schulter gefährdet, denn ohne aufwendige Rehabilitation können die wichtigen Muskeln nicht reaktiviert werden, die das Schultergelenk – auch das künstliche – führen und bewegen, waren sich Dr. Lehnertz und Michael Preibsch einig. Es müsse so früh wie möglich mit der Nachbehandlung begonnen werden.
Um Schulterprobleme auch im höheren Alter zu vermeiden, gab Preibsch noch einige Tipps. „Meist führen Fehlbelastungen zu einer Degeneration der Sehne im Schultergelenk. Deshalb: Setzen Sie sich richtig hin und passen Sie Ihren Arbeitsplatz an sich an und nicht umgekehrt.“ Ziel der Physiotherapie sei es, den Ursachen der Schmerzen auf den Grund zu gehen. Mit Mobilisation, Kräftigungsübungen und manueller Technik sowie Anleitung zu Übungen in Eigenregie könne man vielen Patienten helfen, so Preibsch, der mit einem Latexband einige solcher Kräftigungs- und Dehnungsübungen demonstrierte.
Nächster Termin der Vortragsreihe „Chirurgie und Sie!“:
Montag, 11. November 2019, 18.30 Uhr, in der Cafeteria der GRN-Klinik Weinheim:
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