Wie können Patientinnen mit Brust- oder Unterleibskrebs die Nebenwirkungen konventioneller Therapien wie Chemotherapie, Operation, Bestrahlung und Antihormontherapie erträglicher machen und ihre Lebensqualität verbessern? Die Antwort auf die Frage können komplementäre Therapien sein, die ergänzend und unterstützend zur Schulmedizin eingesetzt werden. „Das Spektrum reicht von Naturheil- und Entspannungsverfahren über Osteopathie und Akupunktur bis zu Homöopathie und Traditioneller Chinesischer Medizin“, weiß Dr. med. Bettina Müller, Oberärztin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe der GRN-Klinik Weinheim. Gut 50 Interessierte kamen zu ihrem Vortrag „Komplementärmedizin bei Krebserkrankungen – Hilfe zur Selbsthilfe“ aus der Reihe „Was Frauen bewegt“ am Mittwoch, 9. Oktober, in die GRN-Klinik, um sich zu informieren und neuen Mut zu schöpfen.
„Etwa 80 Prozent aller Tumorpatienten wenden die komplementären Verfahren an“, so Dr. Müller. „Sie möchten aktiv an der Krankheitsbewältigung teilhaben und haben den Wunsch nach ganzheitlicher Behandlung.“ Bereits seit 2015 gibt es für Krebspatientinnen der Weinheimer Gynäkologie eine spezielle Sprechstunde zur Komplementärmedizin und Naturheilkunde in der Krebstherapie. „Hier wollen wir aufklären, beraten und vor unseriösen, überteuerten und gefährlichen Therapien, die unter anderem im Internet angeboten werden, warnen. In erster Linie aber wollen wir gemeinsam mit Patienten den individuellen Weg zur Genesung finden.“
Welche Verfahren sind in der Onkologie etabliert? Neben der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde), Nahrungsergänzungsmitteln und Akupunktur komme es laut Dr. Müller ganz besonders auf „moderaten Ausgleichssport“ und eine ausgewogene, fettarme Ernährung wie in der mediterranen Kost an. Überhaupt sei Sport das „Allheilmittel“. Dr. Müller empfahl drei bis fünf Stunden pro Woche körperliche Bewegung. Ein Trainingseffekt sei am besten bei Übungen jeden zweiten Tag zu erreichen: „Mit dem Sport stärk man sein Immunsystem und vermeidet Übergewicht.“ Ziel sei es, insgesamt eine Harmonie von Körper, Geist und Seele zu erreichen. Ob Misteltherapie zur Reduktion des Müdigkeitssyndroms und gegen Depressionen, Seleneinnahme mit antioxidantischer Wirkung, Vitamin D zur Regulierung des Stoffwechsels oder die Behandlung mit schleimhautaktivierendem Equizym, einem Kombipräparat aus Natrium-Selenit und Ananas-Enzym – die Möglichkeiten seien vielfältig und individuell. Dr. Müller warnte aber auch vor Überdosierungen, zum Beispiel bei sogenannten Heil- /Vitalpilzen. Die Wirkung bestimmter Stoffe im Reagenzglas und bei Versuchstieren könne nicht einfach auf den Menschen übertragen werden.
Neben der medizinischen Kompetenz legt man in der „Sprechstunde Komplementärmedizin“ im Brustzentrum Weinheim also großen Wert auf eine individuelle und ganzheitliche Betreuung. Patienten erhalten Tipps zu kleinen, nachweislich wirksamen Veränderungen im Lebensstil mit dem Ziel, Leib und Seele bestmöglich im Kampf gegen den Krebs zu unterstützen.
Nächster Termin der Vortragsreihe „Was Frauen bewegt“ 2019:
27. November, 18.30 Uhr: Die ku(e)mmernden Angehörigen – durch Achtsamkeit den Krebs bewältigen.
Veranstaltungsort: Ärztehaus II (Röntgenstraße 3, Raum „Florenz“ im Untergeschoss)
Bild: Dr. med. Bettina Müller, Oberärztin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe der GRN-Klinik Weinheim, sprach über ergänzende Therapiemöglichkeiten bei Krebserkrankungen. (Foto: Callies/grn)