Männer wurden – zumindest früher – gerne als das „starke Geschlecht“ apostrophiert. Ging und geht es aber um das Thema Krebsvorsorge, so zeigen sich die Herren der Schöpfung zurückhaltend. Dr. Jan Voegele, Chefarzt der Urologie in der GRN-Klinik Eberbach, findet, dass hier ein Umdenken vonnöten ist.
Herr Dr. Voegele, man liest immer wieder, dass die Männer im Land ungern zur Vorsorge gehen. Können Sie dies so bestätigen?
Dr. Jan Voegele: Ja, grundsätzlich glaube ich, sind die Männer tatsächlich eher Vorsorgemuffel!
Warum, denken Sie, ist das so?
Dr. Jan Voegele: Nun, Frauen sind es tatsächlich ab der Pubertät gewöhnt, zum Frauenarzt zu gehen. Diese Einstellung wächst quasi ab dem jungen Erwachsenenalter mit. Männer stehen doch immer noch auf dem Standpunkt: „Ich bin unerschütterlich und unkaputtbar – was soll mir schon passieren?“
Was kann jeder für sich tun, um eine bessere Männergesundheit zu erzielen?
Dr. Jan Voegele: Ohne Hypochondrie sollte jeder Mann auch selbst ein bisschen lernen, in sich reinzuhorchen und an sich selbst zu denken. Viel Bewegung, Alkohol in Maßen, nicht rauchen, gesunde, ausgewogene Ernährung können Eckpfeiler zu einem gesünderen Leben sein.
Welche sind die häufigsten Krebserkrankungen im Bereich Urologie und welche Vorsorge-Untersuchungen empfehlen Sie hier?
Dr. Jan Voegele: Die mit Abstand häufigste Krebsart bei Männern ist der Prostatakrebs, gefolgt vom Blasenkrebs. Des Weiteren Krebserkrankungen der Niere, des Hodens und des Penis. Frühzeitige Erkennung ist in allen Fällen wichtig, etwa durch Ultraschalluntersuchungen. Weitere Vorsorgemaßnahmen zur Diagnosesicherung eventueller urologischer Krebserkrankungen sind Biopsie, Blutanalyse, Blasenspiegelung, Urinanalyse und gegebenenfalls durch Schnittbilddiagnostik, also via MRT und CT. Beim Prostatakrebs ist zudem der PSA-Test ein wichtiger Indikator.
Ab welchem Alter sollten Männer urologische Vorsorgeuntersuchungen angehen und in welchen Abständen?
Dr. Jan Voegele: Ich empfehle – und das entspricht den aktuellen Leitlinien – ab dem 45. Lebensjahr einmal eine erste Vorsorge beim Urologen. Dazu gehört neben vielen Dingen, die der Facharzt für Urologie dann durchführt, auch die Bestimmung des PSA-Wertes, also des Prostata-spezifischen Antigens. Wenn dann alles in Ordnung ist, reicht es aus, ab dem 50. Lebensjahr einmal im Jahr den Urologen aufzusuchen. Eine Anmerkung vielleicht an dieser Stelle: Die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlte urologische Routinevorsorge impliziert nur wenige Parameter – der behandelnde Urologe hat aber noch viele weitere Untersuchungen parat, die teilweise selbst bezahlt werden müssen, aber einen echten Benefit in der Früherkennung einer Krebserkrankung darstellen. Diese gelten als so genannte „IGeL-Leistungen“. Sie sind deutlich besser als ihr Ruf. Im Zweifel sollte sich der Vorsorge-affine Mann seinem Urologen anvertrauen, ohne dessen Kompetenz zu bezweifeln und ohne dessen Bemühungen in Frage zu stellen – unabhängig von irgendwelchen Vergütungskriterien.
Prostatakrebs ist die häufigste Krebs-Form bei Männern. Welche Rahmenbedingungen begünstigen die Entstehung dieser Erkrankung?
Dr. Jan Voegele: Tatsächlich existieren bei der Entstehung von PCA (medizinische Abkürzung für Prostatakrebs) keine bekannten Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen beim Bronchialkarzinom. Aber statistisch besteht eine unstrittige Erhöhung des Erkrankungsrisikos. Wenn männliche Verwandte Ersten Grades – also der Vater – an einem PCA erkranken oder versterben, ist das individuelle Risiko um immerhin 25 Prozent erhöht.
Statistisch gesehen erkranken Männer über 70 Jahren besonders häufig an Prostatakrebs. Macht es dennoch Sinn, dass auch jüngere Männer zur Prostatakrebs-Vorsorge gehen?
Dr. Jan Voegele: Natürlich, ja! Das impliziert ja bereits der Begriff „Vorsorge“. Gerade der junge Mann sollte ja deshalb zur Vorsorge gehen, damit Krebs bereits in einem Frühstadium entdeckt werden kann, um ihn dann noch in einem heilenden Zustand vorzufinden und um dann eine kurativ intendierte Therapie einleiten zu können.
Wenn er dann doch diagnostiziert wird, wie gut stehen die Heilungschancen beim Prostatakrebs?
Dr. Jan Voegele: Wie bei allen Krebserkrankungen gilt auch beim PCA – je früher er entdeckt wird, desto höher ist seine Heilungschance. Nach der Entdeckung eines Krebses ist die kurativ intendierte Therapie (Operation, Bestrahlung, aktive Überwachung) daher grundsätzlich immer anzustreben. Damit es jedoch erst gar nicht dazu kommt, appelliere ich an alle männlichen Patienten – werfen Sie jegliche Scheu, Hemmungen oder Bedenken über Bord. Frühestmögliche und regelmäßige Vorsorge lohnt auf jeden Fall!
Weitere Informationen unter www.grn.de/eberbach/klinik/urologie/endourologie