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Meilensteine der Medizin
Ein
Arzt
für
Gladiatoren
und Kaiser
Prof. Dr. Wolfgang U. Eckart leitet das Institut für Geschich-
te und Ethik der Medizin an der Ruprecht-Karls-Universität
Heidelberg. Für „GRNplus“ beleuchtet er einige Meilensteine
der Medizin etwas genauer. Mit Blick auf die Medizin in der Antike geht
es dieses Mal um den Gladiatorenarzt Galenos von Pergamon.
Bedeutendster Arzt der römischen Antike war der Sohn eines
Mathematikers und Architekten, Galenos von Pergamon (Ga-
len, um 130 – nach 204 n. Chr.). Eigenen Angaben folgend
nahm er bereits mit 17 Jahren ein Studium der Medizin auf, und
arbeitete nach dessen Abschluss zunächst als Gladiatorenarzt
in seiner Heimatstadt Pergamon und später in Rom. Galen
sammelte während jener ersten praktischen Tätigkeit insbe-
sondere in der Wundbehandlung, aber auch als Chiropraktiker
sowie als internistisch und diätetisch behandelnder Arzt viele
Erfahrungen. Bereits während seines ersten Aufenthalts in der
Hauptstadt des Römischen Weltreiches (161–166) gelang es
ihm, sich ein gutes Ansehen in Rom zu verschaffen. Wichtige
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bemühten sich um
seine Dienste.
Vertrieben durch die Pest hat sich Galen nach 166 zunächst
wieder in Pergamon aufgehalten, kehrte dann für den Rest
seines Lebens aber nach Rom zurück. Dort behandelte er die
Kaiser Marcus Aurelius Commodus (161–192 n. Chr.) und Lu-
cius Septimus Severus Pertinax (146–211 n. Chr.) als Leibarzt,
was seinen Ruhm ebenso schnell vermehrte wie Streitereien
mit ärztlichen Kollegen. Galen stand
bis zu seinem Tod in der hohen Gunst
des Kaiserhofs.
Das Werk
Insgesamt ist uns von Galen ein ge-
waltiges Werk erhalten. Die meisten
seiner Bücher fußen auf dem Corpus
Hippocraticum, dessen Schriften aus-
führlich wiedergegeben, kommentiert
und ergänzt werden. Zu den wich-
tigsten Schriften Galens gehören ein
großes anatomisches Werk in 15 Bü-
chern, die Ars Medica, eine Krisen-
und Fieberlehre, ein Werk über ärztli-
che Erfahrung sowie über die Methode
der Heilkunst. Auch sind unter ande-
rem verschiedene diätetische Schriften und Kommentare zur
hippokratischen Prognostik erhalten.
Das medizinische Konzept
Galens Konzept ist qualitäten- und humoralpathologisch, also
die „Säftelehre“ betreffend, orientiert. Bestimmendes Element
der Physiologie ist dabei die Zweckbestimmtheit ihrer Funkti-
onen und des organischen Zusammenspiels. Seine Humoral-
lehre, eine Vereinigung der hippokratischen Qualitäten- und
Säftelehre, kann als abschließende Form der antiken Medizin-
theorie interpretiert werden. Das ungleichgewichtige Mischungs-
verhältnis der Körpersäfte (Blut, gelbe und schwarze Galle,
Schleim) ist Ursache aller Krankheitserscheinungen. An ihr hat
sich auch alle Therapie zu orientieren, in die die Eigenschaften
der vier Elemente Luft (trocken), Wasser (feucht), Feuer (warm)
und Erde (kalt) sowie die vier Jahreszeiten einzubeziehen sind.
Die Wirkung Galens
In Galens Humoralpathologie ist die schlechte Mischung (Dys-
krasie) aller Körpersäfte, insbesondere Blut, Schleim, gelbe
und schwarze Galle, für alle Krank-
heitszustände verantwortlich. Der Ge-
sundheit liegt hingegen eine gleichge-
wichtige, harmonische Mischung der
Körpersäfte (Eukrasie) zugrunde. Die
Humoralpathologie bleibt Leitkonzept
der Medizin bis in die frühe Neuzeit.
Seit dem Mittelalter ist ihre wichtigste
diagnostische Methode die Harnschau
(Uroskopie). In der Therapie, die auf
die Wiederherstellung der Eukrasie
zielt, sind Maßnahmen wie Aderlass,
Schröpfen, Abführen, Erbrechen und
niesen lassen typisch.
Foto: Bildarchiv IGEM Heidelberg
Von Galen gibt es kein antikes Bild, aber mit-
telalterliche Idealvorstellungen. Dieses zeigt
Galen als arabischen Arzttypus (Miniatur aus
der Materia Medica des Dioskurides, 1229).