GRNplus Dezember / 2020
9 „Wir hatten schon etwas Bammel, als im März der erste Covid-19-Patient bei uns eingeliefert wurde“, räumt Dr. König rückblickend offen ein. Wohl jeder habe damals die erschreckenden Bilder aus Bergamo und dem Elsass vor Augen gehabt und inständig gehofft, dass es Deutschland nicht in gleicher Weise treffen werde. Natürlich machte sich das Team in diesen Tagen Sorgen, mit welcher Wucht die erste Welle einer Infektionskrankheit, von der man damals noch so wenig wusste, auf die Klinik zurollen werde. „Andererseits war ich positiv überrascht, wie schnell die Bundesregierung im März den Lock- down beschlossen hat“, fügt Dr. König hinzu. Auch die weltweite Zusammen- arbeit von Wissenschaftlern, die binnen kürzester Zeit aufgebaut wurde, habe sie beeindruckt. Knapp neun Monate später hat sich – im positiven Sinne – ein wenig Routine eingestellt. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz in der Klinik erwiesen sich als wirksam. Schutzausrüstung steht ausreichend zur Verfügung. Die Arbeitsabläufe bei der Behandlung von Covid-19-Patienten wurden immer weiter verfeinert. Dr. König nennt ein Beispiel: „Wir intubieren die Patienten, die künst- lich beatmet werden müssen, deutlich später, weil wir gelernt haben, dass bei Covid-19 nicht dieselben Parameter gelten wie bei anderen Lungenkrank- heiten.“ So lange wie möglich setze man jetzt auf eine Beatmung, bei der der Körper noch selbst den Atemimpuls setzt, den die Maschine dann lediglich unterstützt. Schlechte Werte bei der Sauerstoff- sättigung im Blut seien in der Regel der Hauptgrund, Covid-19-Patienten stationär aufzunehmen. Rund fünf Prozent aller Coronafälle würden in einer Klinik landen. Auf der Isolierstation würden sie dann bei Bedarf Sauerstoff und unterstützende Medikamente sowie weitere Untersuchungen erhalten. Etwa 60 Prozent der Patienten würden sich in den folgenden Tagen langsam besser fühlen, aber knapp 40 Prozent landen doch auf der Intensivstation, weil sie zunehmend über Atemnot klagen. „Das Besondere bei Covid-19 ist, dass sich der Zustand der Patienten binnen einer Stunde dramatisch verschlechtern kann“, berichtet Dr. König. Patienten, die invasiv beatmet werden müssen, würden in einen Tiefschlaf versetzt, um den Körper zu entlasten. Das Problem: In diesem Stadium dringt eiweißhaltige Flüssigkeit in die Lunge Dass die Corona-Pandemie eine reale Bedrohung für die Gesundheit der Menschen ist, wird wohl nirgendwo so offensichtlich wie auf einer Inten- sivstation, in der Covid-19-Patienten buchstäblich um ihr Leben kämpfen. Wie Ärzte und Pflegepersonal der GRN-Klinik Weinheim mit dieser außer- gewöhnlichen Herausforderung bislang umgegangen sind, schildert Dr. Elke König, Chefärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, im Gespräch mit GRNplus. Einblicke in die Arbeit auf der Intensivstation Auf der Intensivstati- on wurde ein streng abgetrennter Bereich für Covid-19-Patienten geschaffen. Foto: sl Chefärztin Dr. Elke König Foto: GRN ein, die die Lungenbläschen verklebt, wenn sie nicht abfließen kann. Um das Abfließen zu unterstützen, werde der Patient in regelmäßigen Abständen umgelagert. Von der Bauchlage zwischendurch auch immer wieder in Seiten- oder Rückenlage. Zwei Wochen dauere es mindestens, bis endlich eine Besserung eintritt, weiß die Chefärztin aus Erfahrung. Dabei ist ihr bewusst, dass dies auch für die Angehörigen eine ganz harte Zeit ist. Denn Besuche sind auf der Covid-19-Intensivstation aus naheliegenden Gründen streng verboten. Parallel zur Beatmung kümmert sich das Team der Intensivstation auch darum, die Muskeln des Patienten immer wieder durch (passive) Bewegung zu aktivieren. Denn der Muskelschwund, der gerade bei älteren Menschen sehr schnell gravierende Ausmaße annimmt, sei ein großes Problem für die Zeit nach dem Aufenthalt in der Intensivstation, an den sich fast immer eine Reha anschließt. Aber auch Veränderungen im Lungen- gewebe und neurologische Störungen würden viele Patienten noch lange begleiten, weiß Dr. König von Rückmel- dungen ihrer Patienten. „Da werden wir auch in den kommenden Monaten sicher noch manches sehen, befürchte ich“, erklärt die Chefärztin abschließend. pro
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