GRNplus Mai / 2021
Meilensteine der Medizin Prof. Dr. Wolfgang Eckart leitete das Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Für „GRNplus“ beleuchtet er einige Meilensteine der Medizin etwas genauer. Mit Blick auf die Medizin in der Antike geht es dieses Mal um den Gladiatorenarzt Galenos von Pergamon. Bedeutendster Arzt der römischen Antike war der Sohn eines Mathematikers und Architekten, Galenos von Pergamon (Ga- len, um 130 – nach 204 n. Chr.). Eigenen Angaben folgend nahm er bereits mit 17 Jahren ein Studium der Medizin auf, und arbeitete nach dessen Abschluss zunächst als Gladiatorenarzt in seiner Heimatstadt Pergamon und später in Rom. Galen sammelte während jener ersten praktischen Tätigkeit insbe- sondere in der Wundbehandlung, aber auch als Chiropraktiker sowie als internistisch und diätetisch behandelnder Arzt viele Erfahrungen. Bereits während seines ersten Aufenthalts in der Hauptstadt des Römischen Weltreiches (161–166) gelang es ihm, sich ein gutes Ansehen in Rom zu verschaffen. Wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bemühten sich um seine Dienste. Vertrieben durch die Pest hat sich Galen nach 166 zunächst wie- der in Pergamon aufgehalten, kehrte dann für den Rest seines Lebens aber nach Rom zurück. Dort behandelte er die Kaiser Marcus Aurelius Commodus (161–192 n. Chr.) und Lucius Sep- timus Severus Pertinax (146–211 n. Chr.) als Leibarzt, was sei- nen Ruhm ebenso schnell vermehrte wie Streitereien mit ärztli- chen Kollegen. Galen stand bis zu seinem Tod in der hohen Gunst des Kaiserhofs. Das Werk Insgesamt ist uns von Galen ein gewal- tiges Werk erhalten. Die meisten seiner Bücher fußen auf dem Corpus Hippocrati- cum, dessen Schriften ausführlich wie- dergegeben, kommentiert und ergänzt werden. Zu den wichtigsten Schriften Ga- lens gehören ein großes anatomisches Werk in 15 Büchern, die Ars Medica, eine Krisen- und Fieberlehre, ein Werk über ärztliche Erfahrung sowie über die Methode der Heilkunst. Auch sind unter anderem verschiedene diätetische Schriften und Kommentare zur hippokratischen Prognostik erhalten. Das medizinische Konzept Galens Konzept ist qualitäten- und humoralpathologisch, also die „Säftelehre“ betreffend, orientiert. Bestimmendes Element der Physiologie ist dabei die Zweckbestimmtheit ihrer Funkti- onen und des organischen Zusammenspiels. Seine Humoral- lehre, eine Vereinigung der hippokratischen Qualitäten- und Säftelehre, kann als abschließende Form der antiken Medizin- theorie interpretiert werden. Das ungleichgewichtige Mischungs- verhältnis der Körpersäfte (Blut, gelbe und schwarze Galle, Schleim) ist Ursache aller Krankheitserscheinungen. An ihr hat sich auch alle Therapie zu orientieren, in die die Eigenschaften der vier Elemente Luft (trocken), Wasser (feucht), Feuer (warm) und Erde (kalt) sowie die vier Jahreszeiten einzubeziehen sind. Die Wirkung Galens In Galens Humoralpathologie ist die schlechte Mischung (Dys- krasie) aller Körpersäfte, insbesondere Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle, für alle Krankheitszustände verantwort- lich. Der Gesundheit liegt hingegen eine gleichgewichtige, harmonische Mischung der Körpersäfte (Eukrasie) zugrunde. Die Humoralpathologie bleibt Leitkonzept der Medizin bis in die frühe Neuzeit. Seit dem Mittelalter ist ihre wichtigste diagnostische Methode die Harnschau (Uroskopie). In der Therapie, die auf die Wiederherstel- lung der Eukrasie zielt, sind Maßnahmen wie Aderlass, Schröpfen, Abführen, Erbre- chen und niesen lassen typisch. Von Galen gibt es kein antikes Bild, aber mittelalterliche Ide- alvorstellungen. Dieses zeigt Galen als arabischen Arzttypus (Miniatur aus der Materia Medica des Dioskurides, 1229). Foto: Bildarchiv IGEM Heidelberg Gladiatoren Ein Arzt für und Kaiser 32
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