GRNplus Oktober / 2019

8 Dr. Jana Marx ist Fachärztin für Innere Medizin, Gastroentero- logie, Intensiv- und Notfallmedizin an der GRN-Klinik Wein- heim. Die Oberärztin hat viel Erfahrung auf diesem Gebiet und kennt auch die Vorbehalte vieler Patienten und Angehörigen. „Unser Ziel ist es, die künstliche Ernährung so natürlich wie möglich durchzuführen“, beschreibt sie die Zielsetzung, die auf den ersten Blick widersprüchlich klingen mag. Doch der scheinbare Widerspruch lässt sich leicht auflösen: „Natürlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Nahrungsauf- nahme am besten über Magen und Darm erfolgen sollte“, klärt Dr. Jana Marx auf: „So, wie es die Natur vorgesehen hat.“ Erste Wahl sei deshalb in der Regel eine Magensonde, die über die Nase eingeführt wird. „Dieses Verfahren ist in den meisten Fällen sehr gut verträglich“, erklärt Dr. Jana Marx. Das gilt auch für die zweite Möglichkeit: Muss die künstliche Ernährung über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden, dann wird mit einem kleinen Eingriff eine soge- nannte PEG-Sonde über die Bauchwand direkt im Magen platziert. Der große Vorteil: Magen und Darm haben weiterhin „Arbeit“, was das Risiko von Komplikationen reduziert. Aber die Oberärztin weiß auch, dass gerade die Versorgung über die Nase Überwindung kostet. Am Anfang sei es zwar ein ungewohntes Gefühl, aber die meisten Menschen kämen schon nach kurzer Zeit gut damit zurecht. „Trotzdem ist für viele Patienten die Vorstellung angenehmer, über die Vene künstlich ernährt zu werden. Das liegt vielleicht daran, dass man aus Krankenhäusern den Anblick von Menschen, die am Tropf hängen, kennt.“ Dass die Patienten auf diese Weise nur selten künstlich ernährt werden, sondern meistens Medi- kamente oder andere Infusionen erhalten, macht sich kaum jemand klar. Dabei sei die künstliche Ernährung über die Vene gewis- sermaßen die letzte Option, wenn Magen und Darm die Verdauungstätigkeit nicht übernehmen können. Das Risiko von Nebenwirkungen ist nämlich deutlich höher als bei der Versorgung durch Magensonden. Der Grund: Um die Flüssig- keitsmenge auf ein verträgliches Maß zu beschränken, ist die Nahrung so hoch konzentriert, dass die Venen gereizt werden können. Für den Fall, dass die künstliche Ernährung über einen längeren Zeitraum oder gar dauerhaft gewährleistet werden muss, was vor allem Krebspatienten betrifft, wird deshalb in der Regel ein sogenanntes Portsystem unter der Haut implantiert, welches eine schonendere Verabreichung der Nährstofflösungen ermöglicht. pro Künstlich ernähren, wie möglich so natürlich Es kann viele Gründe haben, warum Patienten kein Essen mehr zu sich nehmen können: eine schwere Operation, die Folgen eines Schlaganfalls, eine Krebserkrankung. Aber auch Demenz kann dazu führen, dass ein Mensch nicht mehr isst – sei es, weil er es einfach nicht mehr will, oder sei es, weil er den Umgang mit Messer, Gabel und Löffel verlernt hat. In solchen Fällen sind die Fachärzte gefordert, die bestmögliche Form der künstlichen Ernährung für den Patienten individuell auszuwählen. Denn klar ist auch: Ohne eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen ist eine Genesung des Patienten zum Scheitern verurteilt. Künstliche Ernährung ist für viele Patienten ein schwieriges Thema. Unser Bild zeigt Krankenpflegerin Hannah Hertel mit einem Gerät, das dabei zum Einsatz kommt. Foto: phr

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