GRNplus April / 2019
21 Aber irgendwann stellen sich dann doch Beschwerden ein. „Dann besteht zwar kein Grund zur Panik, aber Betroffene sollten so bald wie möglich ihren Hausarzt aufsuchen“, rät Dr. Hildebrandt. Sollte tatsächlich ein Stück Darm eingeklemmt sein, dann würde sich dies in sehr starken Schmerzen äußern und müsste sofort als Notfall im Krankenhaus behandelt werden. Dank moderner Operationsmethoden und Nahttech- niken könne man heute Leistenbrüche, aber auch Bauchde- cken-, Nabel- und Narbenbrüche, deutlich besser versorgen als früher. Kam es vor 30 Jahren noch in 20 bis 30 Prozent aller Fälle zum Wiederauftreten des Bruchs, so passiere dies heute im bundesweiten Durchschnitt nur noch in zwei Prozent der Fälle; in Weinheim seien es sogar nur 1,5 Prozent, betont Dr. Hildebrandt. „Wird eine Hernie rechtzeitig operiert, dann ist der Eingriff in der Regel gut planbar und risikoarm“, erklärt sie. Gemeinsam mit dem Patienten wähle man – nach einer ausführlichen Untersuchung, auch mittels Ultraschall – indi- viduell die optimale Behandlungsmöglichkeit aus. In vielen Fällen kann mit der sogenannten Schlüssellochtechnik mit speziellen Instrumenten über kleine Schnitte operiert werden. Alternativ gibt es auch das konventionellen offene Verfahren, bei dem im Bereich der Leiste oberhalb des Leistenbandes ein Schnitt gesetzt wird und der Operateur von außen an den Leistenbruch herangeht. Bei beiden Methoden werden in der Regel elastische Kunst- stoffnetze eingelegt, die dauerhaft im Körper verbleiben und im Laufe der Zeit mit dem natürlichen Bindegewebe verwachsen. „Abstoßungsreaktionen sind hierbei sehr selten“, verweist Dr. Hildebrandt auf die guten Erfahrungen. Wenn eine Hernie rechtzeitig operiert wird, ist der Eingriff in der Regel gut planbar und risikoarm. Bei Kindern und Jugend- lichen, aber auch bei soge- nannten „Sportlerhernien“, die auf eine chronische Überbeanspruchung zurückzuführen sind, kann in vielen Fällen aber auch auf das Einsetzen eines Netzes verzichtet werden. Bei allen Eingriffen kommen gemäß den aktuellen Leitlinien der Deutschen Herniengesellschaft (DHG) und der Europäi- schen Herniengesellschaft (EHS) ausschließlich modernste Methoden zum Einsatz, ausgewählt jeweils nach Risikoprofil des Patienten und Art der Hernie. Dazu gehört bei großen Bauchwandbrüchen auch die MILOS-Methode, bei der lediglich ein etwa vier bis acht Zentimeter langer Schnitt über dem Bruch nötig ist. Durch diesen bringen die Chirurgen das Netz ein und stabilisieren so die vordere Bauchwand. Werden solche Brüche offen operiert, ist ein großer Schnitt in der Bauchdecke nötig, der mit entsprechend größeren Schmerzen und einem etwas erhöhtem Risiko für Wundheilungsstörungen oder Infektionen einhergeht. „Derzeit gibt es in Deutschland 15 Hernienzentren, welche die MILOS-Methode durchführen, Weinheim ist eins davon“, erläutert Dr. Hildebrandt. In der Regel können die Patienten am Tag nach der Operation wieder nach Hause entlassen werden. Dabei gilt grundsätzlich, dass man nach einem endoskopischen Eingriff (Schlüssellochtechnik) schneller wieder mobil ist und rascher ins Arbeitsleben zurück- kehren kann als bei konventionell offenen OP-Verfahren. Ab wann man tatsächlich wieder arbeitsfähig ist, hängt natürlich auch von der Art der beruflichen Tätigkeit ab. Ein bis zwei Wochen daheim sollte man allerdings einkalkulieren. pro Oft werden elastische Kunststoffnetze bei einer OP eingelegt. Foto: Jörg Rodrian
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