31 Bäume in Parks sozusagen inMode. Von Berckheim, der rund 130 Baum- und Straucharten pflanzte, wählte außergewöhnlicherweise dazu einen Mischwald, sodass die botanischen Gäste aus vier verschiedenen Kontinenten zwischen einheimischen Bäumen und Sträuchern groß wurden. Zunächst sorgten vor allem amerikanische Baumarten und Zedern aus dem Mittelmeerraum für botanisches Spektakel in Weinheim. Die Freude über das Gedeihen von Arten mischte sich stets mit der Enttäuschung, dass es manche Bäume wegen der klimatischen Rahmenbedingungen oder Standortproblemen nicht schafften. Als der Exotenwaldgründer 1889 starb und in der Gruft des Mausoleums am Rande des Schlossparks seine letzte Ruhe fand, wurde es zunächst still um die Sammlung verschiedenartiger Gehölze. Erst mit Forstamtsleiters Wendt kam Anfang der 1920er-Jahre wieder neues Leben in das heute rund 60 Hektar umfassende Waldgebiet. Die zweite Anbauperiode hielt bis zum Zweiten Weltkrieg an. Der Schwerpunkt lag dann vor allem bei ostasiatischen Baumarten. 1955 wurde der Exotenwald schließlich an das Land Baden-Württemberg verkauft, und das Anpflanzen geht bis heute weiter. „Drei bis vier neue Baumarten kommen jährlich hinzu“, sagte Dietmar Spicker mit Verweis auf wissenschaftliche Aktivitäten der Universität in Karlsruhe, deren Mitarbeiter zur Untersuchung des Nährstofftransports der Bäume diese sogar mit Sonden ausstatten. Viele Geheimnisse gelüftet Zahlreiche Sonntagsspaziergänger und Mountainbiker zeigten den Teilnehmern der Führung, welch hohen Freizeitwert der Exotenwald für die Menschen hat. Dietmar Spicker offenbarte derweil ein Geheimnis nach dem anderen. Weil ein Bestand des Ginkgo-Baumes aus China erst 20 Jahre alt ist, weiß man noch nicht, welche Exemplare männlich und welche weiblich sind. Die Angst eines Teilnehmers davor, dass einige von Efeu umrankte Bäume gefährdet seien, konnte vertrieben werden. „Der Efeu dringt nicht in den Stoffkreislauf der Bäume ein, sondern nimmt sie nur als Rankhilfe. Wenn allerdings kleine Bäumchen betroffen sind und deshalb zu wenig Licht erhalten, muss man tätig werden“, sagt Spicker. In gut zwei Stunden lernt man zwischen Küsten-, Berg- und Urweltmammutbaum zu unterscheiden, erfährt man, dass die österreichische Schwarzkiefer viel Harz produziert, die auf der gegenüberliegenden Seite des Weges wachsende kalabrische Kiefer allerdings in ihrem Ursprungsland gutes Bauholz liefert, dass die Pecannuss ein hervorragender und sehr schmackhafter Energielieferant ist und der Baum, an dem sie wächst, zu den Hickory-Gewächsen zählt, deren biegsame Gerte schon literarisch im Roman von Mark Twain über Tom Sawyer und Huckleberry Finn eine Nebenrolle einnahm. Schließlich verrät Spicker, dass ein Sud aus Zweigen der Riesen-Thuja Maulwürfe aus dem Garten vertreibe. Aromatisch nach Hefekuchen dagegen dufte der Katsura-Baum aus Japan. „Dazu müssen Sie allerdings im Herbst wiederkommen und das Zusammenspiel von Wärme und Feuchtigkeit muss im Laub des Baumes stimmen“, sagt er. Einmal hatte der Exotenwaldführer, der als Dolmetscher arbeitete, eine japanische Gruppe zu Gast, die vom Kuchenduft des Katsura noch nie etwas gehört hatte. Am Mausoleum der Familie Berckheim endet die Exotenwaldführung, die am Brünnlein im kleinen Schlosshof begonnen hatte. Jeden Monat gibt es eine Führung, und anlässlich der Gründung des Exotenwaldes vor 150 Jahren bereiten die Stadt Weinheim und ForstBW für den 17. Juli ein Walderlebnistag mit vielen Informationen und Aktionen vor. Inzwischen grünt und wächst es im Wald, zu dem man über den Schlosspark gelangt, still weiter. Was hätten seine ältesten Bäume aus 150 Jahren doch nicht alles zu erzählen. dra Der Weinheimer Exotenwald wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. Bei Führungen kann man mehr über ihn und seine weit über 100 Baumarten aus verschiedenen Kontinenten erfahren. Fotos: Simon Hofmann Exotenwald- führungen Die öffentlichen Führungen im Jahr 2022 finden statt am 12. Juni, 10. Juli, 11. September, 9. Oktober und 13. November jeweils um 15 Uhr. Nur mit Voranmeldung bei der Tourist-Information am Marktplatz, Telefon: 06201/82 610 oder E-Mail: tourismus@ weinheim.de Treffpunkt der angemeldeten Teilnehmer ist am Brunnen im kleinen Schlosshof. Die Teilnehmerzahl beträgt mindestens fünf Personen, maximal 25 Personen. Gruppenführungen nach Vereinbarung. Weitere Informationen unter www.weinheim.de Info
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